Ideen

Djorde Alpar

Ich bin immer wieder begeistert und berührt! Warum?
Der Verein HEIMATSUCHER macht eine so wertvolle und sehr leidenschaftliche Arbeit und es ist immer wieder erstaunlich und beachtenswert mit wieviel Engagement und Liebe diese Sammlung weiterentwickelt wird und dabei immer neue Biographien und Schicksale ein Gesicht bekommen.

Ich habe diese Arbeit durch Ausstellungen und Workshops kennen und schätzen gelernt. Der Workshop zur Geschichte vom Ehepaar Alpar fand im katholischen Hochschulzentrum LAKUM in Krefeld statt. Ein Ort, der zum Dialog und Austausch einlädt.

Die Geschichte des Ehepaares Alpar birgt für mich etwas Neues, etwas Besonderes. Sie passt nicht in das Muster vom wehrlosen Opfer und überlegenem Täter, denn hier ist jemand, der bewaffneten Widerstand geleistet hat: Djordje Alpar. Seine Geschichte folgt dem berühmten und oft missverstandenen Aufruf des Dichters Abba Kovner aus dem Jahr 1942: „Lasst uns nicht wie die Schafe zur Schlachtbank gehen!“ Dabei wird hier keine moralische Wertung vorgenommen und durch einen billigen Vergleich – Untätige hier, Helden dort – ließe sich auch niemals die Bedeutung eines jeden Überlebenskampfes ermessen.  Von den sicherlich vielen Formen des Widerstandes und der Selbstbehauptung ist diese eine – seine. Es ist seine Geschichte der Selbstbehauptung gegen den antisemitischen und rassistischen Terror der Nazis und gegen alle Wahrscheinlichkeit. Es ist die Geschichte seines Versuchs, Menschlichkeit zu bewahren in einer Zeit abgrundtiefer Unmenschlichkeit.

Dabei ist es für mich immer wieder eine Kunst sich und andere mit der Erfahrung der Shoah und des Holocaust zu konfrontieren und dies im Jahr 2016 so hinzukriegen, dass sich neben Mitgefühl und Trauer, mitunter auch Wut, ebenso Gefühle wie Achtung, Freude und Besonnenheit einstellen. Und zwar so, dass sie, wie im wirklichen Leben, manchmal irritierend, manchmal homogen aber doch immer echt und miteinander verbunden auftauchen, auftauchen dürfen ja sogar sollen.

Dieses Phänomen ist für mich das überzeugendste  Mittel, das dabei hilft einen immer wieder auftauchenden Abwehrmechanismus, meist unreflektiert, zu überwinden, der sich hinter Sätzen wie „Was habe ich denn damit zu tun?“ oder „Es haben doch nicht nur Deutsche solche Genozide ausgeübt“  oder „Das ist doch alles übertrieben“ versteckt und in unverantwortliche Ausrufe mündet, wie die zum 77. Jahrestag der Reichsprogromnacht: „Loszulassen von der Vergangenheit“ und „Schluss mit dem Schuldkomplex“ und „Lügenpresse“.

Dies Geschichte macht deutlich, wie wichtig die Zeugenschaft für diese Erlebnisse ist, weil sie durch ihre persönliche Art jedem Ansturm von Geschichtsvergessenheit Widerstand leistet und die oftmals sich dahinter verbergenden rassistischen Tendenzen entlarven.

Heutzutage geht es nur noch in wenigen Gerichtsprozessen um die Frage von persönlicher Schuld. Vielmehr kann es darum gehen, sich als zuhörender Mensch zu begreifen, der Verantwortung spürt und übernimmt für das, was heute passiert! So,  wie es eine Studentin auf einer Gedenkstättenfahrt vom LAKUM und HEIMATSUCHER zum Ausdruck gebracht hat: „Ich bin nicht schuld und nachfolgende Generationen auch nicht ! Aber ich sehe eine Verantwortung!“

Wir haben jetzt noch einmal die Möglichkeit die Geschichte des Ehepaars Alpar, ihre Wahrheit, zu lesen und zu hören. Von Menschen, die sie miterlebt haben. Dafür einen herzlichen Dank und meinen tiefsten Respekt!

Matthias Hakes, Kath. Hochschulzentrum LAKUM, Krefeld