Folge 1

#Abstand #Verbindung #Pausen #Miteinander


Alles wirkliche Leben ist Begegnung meint Martin Buber ein Religionsphilosoph. Wir erleben das in Begegnungen mit Natur, anderen Menschen oder dem Geheimnis des Lebens – Gott. In solchen Momenten tauchen oft unerwartet Erfahrungen oder Fragen auf, die wir uns allein so nie gestellt hätten. Da entlockt uns plötzlich etwas oder jemand eine Antwort, auf die wir allein nicht gekommen wären, die unser Leben bereichert oder prägt. Entwicklungspsychologen wissen es schon lange, dass sich unser Ich nicht allein entwickelt, sondern in der Nähe mit Anderen und durch Andere. Evolutionär sind wir eine Frühgeburt, die ohne die Fürsorge, die Anwesenheit von Anderen nicht leben, zu Beginn sogar überleben könnte, sich entwickeln können.
Der Mensch kann sich z. B. nicht alleine kitzeln. Der Alltag wäre doch ärmer wenn durch die fehlende Nähe eines Anderen das Lachen ausbleiben würde. 

Diese Nähe verwandelt uns, und damit wir eine Situation. Bald ist wieder St. Martin: die Geschichte zweier Menschen die sich begegnen, aufeinander eingehen und Nah sind. Und bevor man sich wieder trennt und jeder seine Wege geht, teilt man etwas miteinander: Martin seinen Mantel, der Bettler seine Armut, die Martin nicht unbeantwortet lässt. Keine Angst: Auch nach einer Begegnung sind eigene Wege wieder möglich.

Das Christentum lebt seit 2000 Jahren, mit dieser Ambivalenz von Nähe und Abstand, mit dieser Spiritualität, dieser Haltung zu diesem scheinbar abwesenden Gott und seiner doch spürbaren Nähe, in den Momenten, wo wir ganz bei uns und ganz bei dem Anderen sind.

Es wäre sicherlich gut in Zeiten wie diesen, trotz Abstandsgebot und digitalen Alltag, achtsam dafür zu bleiben, wie es dem anderen geht. Sicher entstehen in diesen Tagen an vielen Orten neue Formen der digitalen Nähe. Videokonferenzen auf der Arbeit nur fürs Miteinander, gemeinsame Spieleabende mit Brettspielen vor den Bildschirmen oder einfach die digitale Verabredung auf ein Bier!